BERLINER PHILATELISTEN-KLUB VON 1888 E.V.


Geschichte des Berliner Philatelisten-Klubs

Die ersten 25 Jahre...

Gründung und die ersten 25 Jahre als PDF-Datei zum Herunterladen

Der erste Versuch, die Berliner Sammler zu einem Verein zusammenzuschließen, wurde im Januar 1877 gemacht, indem sechs Herren, darunter GEORGES FOURE´ und PAUL LIETZOW, den "Verein für Briefmarkenkunde zu Berlin" gründeten. Derselbe löste sich jedoch bereits am 29. Dezember 1877 wieder auf.

Im Winter 1879 - 1880 versammelte sich unter der Firma "Berliner Briefmarken-Börse" jeden Sonntag von 11 bis 14 Uhr eine Anzahl von Händlern und Sammlern. Anscheinend aus diesen zwanglosen Versammlungen entstand am 10. November 1880 der "Deutsche Verein für Philatelie", dessen Organ die von G. FOURE´ herausgegebene "Berliner Illustrierte Philatelisten-Zeitung" - seit 1882 "Deutsche Philatelisten-Zeitung" genannt - wurde. In diesem Verein spielte G. FOURE´ die Hauptrolle, die ihm erst streitig gemacht wurde, als 1884 Amtsrichter LINDENBERG und DR. KALCKHOFF in den Verein eintraten.

Im März 1883 hatte sich eine "Sektion Berlin" des "Internationalen Philatelisten-Vereins zu Dresden" aufgetan. Reibungen mit dem Muttervereine, die durch den Besuch FOURE´S in der Sektion veranlaßt waren, führten am 10. April 1885 zur Auflösung der "Sektion Berlin" des Dresdener Vereins. Ihre Mitglieder schlossen sich größtenteils dem "Deutschen Verein für Philatelie" an, welcher infolgedessen den Namen "Verein für Briefmarkenkunde" annahm. Indessen trug diese Verschmelzung beider Vereine nicht die erhofften Früchte. Die Nichtan-nahme des Antrages auf Ausschließung eines Mitgliedes führte am 6. April 1887 zur Sezession von 14 Mitgliedern, welche sofort einen neuen "Verein der Briefmarkensammler" unter dem Vorsitz von Landrichter LINDENBERG gründeten und als Vereinsorgan die von DR. BRENDICK herausgegebene Zeitschrift "Der Sammler" wählten. Indessen auch in diesem Verein kam es zu Unstimmigkeiten, die LINDENBERG zur Niederlegung des Vorsitzes und zum Austritt aus dem Verein veranlaßten.

LINDENBERG, der seit 1884 sachverständiger Beirat des Reichspostmuseums für die Markensammlung war, hatte aber bereits einen kleinen Kreis von Anhängern an sich zu fesseln verstanden, die treu zu ihm hielten, zwanglos öfter bei ihm in der Wohnung zusammenkamen und einen regen Austausch ihrer Kenntnisse und Erfahrungen auf philatelistischem Gebiete pflegten. Es entstand bald in diesem Kreise der leicht begreifliche Wunsch, aus den zwanglosen Zusammenkünften ein festeres Band zu schmieden und zugleich den liebenswürdigen Gastgeber zu entlasten. Der Hauptträger dieses Gedankens war der Postsekretär PUESCHEL. LINDENBERG erklärte sich jedoch nur dann zum Eintritt in den zu gründenden Verein und zur Übernahme des Vorsitzes bereit, wenn er auf die Wahl der in den neuen Verein aufzunehmenden Mitglieder einigen Einfluß haben und ihm unangenehme Personen davon ausschließen könne. Dies wurde ihm zugestanden, und nunmehr von PUESCHEL eine Liste solcher Herren aufgestellt, die zum Beitritt aufgefordert werden sollten. Von dieser Liste wurden 21 eingeladen, von denen 18 zu der Gründungssitzung erschienen, während 3 ihren sofortigen Beitritt zusagten. So wurde denn am


16. Januar 1888


im Restaurant von ADELUNG & HOFFMANN, Leipziger Straße 14, der


"Berliner Philatelisten-Klub"


gegründet und Herrn Landrichter LINDENBERG, welcher sein Erscheinen nach erfolgter Konstituierung zugesagt hatte, der Vorsitz einstimmig angetragen. Nachdem LINDENBERG die Wahl als Vorsitzender angenommen, hob er in seiner Ansprache über Zweck und Ziele des Klubs besonders hervor, daß der Berliner Philatelisten-Klub, fern von allen Erörterungen und Streitigkeiten persönlicher Natur, in keine Konkurrenz mit anderen bestehenden Vereinen treten wolle, daß er vielmehr ein freundschaftliches Verhältnis mit diesen anstrebe. Seine Hauptaufgaben seien: fachwissenschaftliche Vorträge, Vorlegung interessanter Sammelobjekte, Kritik der literarischen Erzeugnisse auf dem Gebiete der Philatelie, Wahrnehmung der Interessen der Mitglieder usw.

Sodann wurde ein Vorstand gebildet durch die Wahl der Herren Magistratssekretär REGELIEN zum stellvertretenden Vorsitzenden, Postsekretär PUESCHEL zum Schriftführer und Apotheker LIEBEN zum Kassenwart. Darauf wurden die Statuten beraten, sodann eine von den Herren LINDENBERG, WECKMANN und LIEBEN zu verwaltende Marken-prüfungsstelle eingerichtet und die Einführung einer Tauschverbindung beschlossen. Zum Obmann der letzteren wurde PUESCHEL gewählt.

Nun begann ein reges Leben an den Klubabenden. Vorträge, Referate, Vorlegung und Besprechung von Neuheiten, Beratung geschäftlicher Angelegenheiten gaben reiche Anregung und Gelegenheit zum Meinungsaustausch. Durch Schenkungen verschiedener Mitglieder wurde der Grundstock zu einer B i b l i o t h e k gelegt.

Alsbald nach Gründung des Klubs waren ihm auch auswärtige Mitglieder beigetreten. Um diese an den Arbeiten des Klubs teilnehmen lassen zu können, erschien ein Vermittlungsorgan notwendig, als das nur eine Zeitschrift in Frage kommen konnte. Die deutsche philatelistische Journalliteratur war damals noch nicht so reichhaltig wie heute. Von den vorhandenen Organen erschien keines geeignet, weil es dem Klub nicht die erforderliche Unabhängigkeit garantieren konnte. Der Vorstand kam deshalb in einer Sitzung am 4. März 1888 zu dem Beschluß, ein eigenes Klubblatt herauszugeben und dessen Existenz durch einen Garantiefonds sicherzustellen. Die Ausführung folgte dem Entschluß auf dem Fuße, und Anfang April 1888 erschien die erste Nummer der "Vereinsmitteilungen".

Der Garantiefond ist nur einmal am Schlusse des Jahres 1888 mit 15% in Anspruch genommen worden. Die Zahl der außerhalb des Klubs stehenden Abonnenten auf die "Vereinsmitteilungen" ist zwar sehr klein gewesen, allein die Zeitschrift bot die Möglichkeit, durch Austausch mit anderen Redaktionen der Bibliothek willkommenen Zuwachs zuzuführen.

Mit dem Wachsen der Geschäfte machte sich bei dem aus vier Mitgliedern bestehenden Vorstandes der Wunsch nach Vergrößerung des Vorstandes geltend. Dem wurde am 9. April 1888 durch die Wahl von drei Ausschußmitgliedern mit beratender Stimme (FRIEDERICH, REEDER, WECKMANN) Rechnung getragen. Indessen konnte diese Maßnahme nur als Notbehelf angesehen werden, und es erschien wünschenswert, entsprechend der schnell wachsenden Mitgliederzahl die Arbeiten des Vorstandes auf mehr Schultern zu verteilen. Dies konnte nur durch eine Statutenänderung geschehen, die sich auch aus anderen Gründen als wünschenswert erwies. Am 22. Oktober 1888 wurde deshalb eine Kommission (FRIEDERICH, KALCKHOFF, LINDENBERG, PUESCHEL) mit der Ausarbeitung einer neuen Satzung beauftragt. Sie legte am 12. November 1888 einen Entwurf vor, der nach Veröffentlichung in Nr. 9 der "Vereinsmitteilungen" am 10. Dezember 1888 mit unwesentlichen Änderungen angenommen wurde. Es wurden damit die Ämter eines zweiten Schriftführers und eines Bibliothekars neu geschaffen, in die am 28. Dezember 1888 Postsekretär GRESSEL und DR. KALCKHOFF gewählt wurden. Die Mitgliederzahl war zum Jahresschluß auf 70 gestiegen und auch der Sitzungsbesuch war so rege, daß vom November 1888 ab ein größeres Vereinszimmer in dem Restaurant ADLUNG & HOFFMANN benutzt werden mußte.


1889


Leider ließ der Gesundheitszustand des Vorsitzenden LINDENBERG öfter zu wünschen übrig, und so mußte gleich das erste Stiftungsfest am 14. Januar 1889 ohne ihn gefeiert werden; es wurde durch ein "Herrenessen" im Vereinslokal begangen und lieferte durch eine Markenverlosung, die einzige, die jemals im Klub stattgefunden hat, die Mittel zur Beschaffung eines Schrankes für die Bücherei. Während im ersten Jahre die Sitzungen am 2. und 4. Montag jeden Monats abgehalten worden waren, wurde von 1889 ab dafür der 1. und 3. Montag bestimmt und dabei ist es seitdem geblieben. Leider mußte das Vereinslokal im Februar 1889 geräumt werden, weil das Haus abgebrochen wurde, um dem Neubau des Reichspostamtes Platz zu machen.

Vom 4. März 1889 ab tagte der Klub "zu den 3 Raben" Unter den Linden 18. Dieses Lokal gefiel aber so wenig, daß bald ein neues gesucht und in der Leipziger Straße 44 ("Rheinisches Haus", ein Jahr später "Zum Auerbach" genannt) gefunden wurde, wo der Klub vom 16. September 1889 ab für längere Zeit ein passendes Heim fand, das er sich sogar vom folgenden Jahr ab durch Zahlung einer Miete sicherte.

Das Ende des Jahres brachte von außen einen störenden Mißton in die friedliche und harmonische Arbeit des Klubs. Der Vorsitzende LINDENBERG bearbeitete damals unter Mitwirkung mehrere Klubmitglieder das von TELTZ begonnene "Große Handbuch der Philatelie", das unter seiner Leitung rüstig vorwärts schritt und bei den Sammlern, die damals weder "Senf" noch "Kohl" kannten, reges Interesse fand. Im Oktober 1889 fand in München eine Postwertzeichen-Ausstellung statt, an der LINDENBERG als Abgesandter des Reichs-postmuseums und als Preisrichter teilnahm. In seinem Bericht, den er dem Klub darüber erstattete, schlich sich ein leicht verständlicher lapsus calami ("Leipzig" statt "Dresden") ein, der einen gehässigen Angriff in dem Organ des Dresdener "Internationalen Philatelisten-Vereins" zur Folge hatte. Krank und dadurch reizbar, wie LINDENBERG das ganze Jahr gewesen war, benutzte er diesen Anlaß, um die Redaktion des "Großen Handbuchs" niederzulegen und sich von der philatelistisch-literarischen Öffentlichkeit für eine Weile zurückzu-ziehen. Durch die Macht seiner Persönlichkeit riß er auch den Klub mit sich fort. Die unmittelbare Folge war, daß die "Vereinsmitteilungen" aufhörten, als öffentliche Zeitschrift zu bestehen, sie waren fortan nur noch Publikationsorgan des Klubs und blieben auf den Kreis der Mitglieder beschränkt. An seine Stelle trat in der Öffentlichkeit in gewissem Sinne die vom Oktober 1890 ab von Dr. H. BRENDICKE herausgegebene "Deutsche Briefmarken-Zeitung", die sich von der ersten Nummer an der Mitarbeit der hervorragendsten Klubmitglieder, insbesondere LINDENBERG ("D. Richter") erfreute. Mit der Verlegung des Verlags und der Redaktion nach Leipzig im September 1896 haben natürlich die engen Beziehungen allmählich mehr und mehr nachgelassen, zumal da seitdem zahlreiche weitere Blätter ins Leben getreten sind, die schließlich alle auf die Mitarbeit desselben kleinen Kreises literarisch tätiger Philatelisten rechnen, so daß eine große Zersplitterung der Kräfte eingetreten ist.


1890


Das Jahr begann mit einem sehr gelungenen Stiftungsfest, das wieder durch ein "Herrenessen", diesmal im "Brandenburger Haus", Mohrenstraße 47, gefeiert wurde. Am 4. Mai 1890 fand eine gemeinsame Fahrt zu der Postwertzeichen-Ausstellung in Magdeburg, am 20. August 1890 ein Ausflug nach Kohlhasenbrück statt. Alle diese geselligen Veranstaltungen knüpften die Berliner Mitglieder zusammen, und der Vorsitzende konnte in seinem Jahresberichte darauf hinweisen, daß sich im Anschluß an die Sitzungen gemütliche Nachsitzungen im Klublokal entwickelten, die stets einen großen Teil der Mitglieder beisammen hielten. Diese Nachsitzungen endeten oft in der dem Klublokal gegenüber-liegenden "Zylinder-Destille" von SCHLESINGER bei "Campanello" und ähnlichen pikanten Mischungen.

Über die Gemütlichkeit kam aber das ernste Streben nicht zu kurz. In der ersten Februarsitzung 1890 regte LINDENBERG die Bearbeitung einer philatelistischen Bibliographie an, zu deren Vorbereitung eine Fünferkommission (HOFFMANN, LINDENBERG, PHILIPPI, Graf von RANZOW, SCHNEIDER) gewählt wurden. Zahlreiche Vorträge über die verschiedensten Themen gaben vielfache Anregung. Gegen die im Jahre 1890 zum ersten Male auf der Bildfläche erschienenen "Seebeck"-Marken wurde eine Resolution gefaßte, die vor deren Sammeln warnte. Eine Beteiligung an dem Philatelistentage in Frankfurt wurde nicht für angebracht gehalten, wenn auch diesem Tage eine gewisse Bedeutung nicht abgesprochen wurde.

Am 7. Mai 1890 fand im Oberlichtsaal des Rathauses eine Feier zum 50-jährigen Jubiläum der Briefmarke statt, die zwar nicht vom Klub als solchem, aber von sechs Klubmitgliedern arrangiert worden war. Es wurde auch zum erstenmal am 31. März 1890 der Versuch gemacht, die Marken eines bestimmten Landes (Hannover) zum Gegenstand der Diskussion zu machen. Hiermit wurde im folgenden Jahre


1891


in erhöhtem Maße fortgefahren. Nicht weniger als 10 Sitzungen wurden auf die Besprechung der Marken, Ganzsachen, Neudrucke und Essais von Hannover verwendet. Für jede Sitzung übernahm dabei ein Mitglied das Referat, an das sich eine Diskussion an Hand der Mitglieder-sammlungen anschloß. Dann wurde mit der Besprechung der THURN UND TAXISSCHEN Postwertzeichen begonnen, die im folgenden Jahre fortgesetzt wurde und im ganzen 5 Sitzungsabende erforderte. Es lag in der Absicht, auf Grund dieser Beratungen Monographien der verschiedenen Postgebiete zu bearbeiten und herauszugeben. Hierzu und zur Förderung der mit Eifer von einer ganzen Reihe von Mitgliedern in Angriff genommenen Bibliographie wurde eine literarische Kommission eingesetzt, der die Herren FRAENKEL, KALCKHOFF, LINDENBERG, PHILIPPI und SCHNEIDER angehörten. Die Weiterbearbeitung der Bibliographie erlitt indessen eine Unterbrechung, als bekannt wurde, daß VICTOR SUPPANTSCHITSCH eine solche herausgeben werde. Deckte sich auch das Arbeitsfeld nicht, da der Klub sich auf die deutschen Staaten beschränken, dafür aber auch die ausländischen Zeitschriften berücksichtigen wollte, während SUPPANTSCHITSCH eine allgemeine Bibliographie der deutschen philatelistischen Literatur bearbeitete, so war es doch natürlich, daß man erst das Erscheinen des bereits fertigen Werkes abwarten wollte. Bis dieses jedoch vollständig erschienen war, gingen aber ein paar Jahre hin und die vom Klub begonnene Arbeit wurde nicht wieder aufgenommen. Vergeblich war sie indessen nicht. Sie ist LINDENBERG und KALCKHOFF bei deren Arbeiten zugute gekommen.

Zum ersten Mal seit dem Bestehen des Klubs wurden in diesem Jahre die Damen der Mitglieder zu einer Veranstaltung des Klubs hinzugezogen, indem sie das Stiftungsfest am 14. Januar 1891 verschönern halfen, das wiederum im "Brandenburger Haus" stattfand. Bei dieser Gelegenheit wurde der Klub von dem "Verein Braunschweiger Briefmarken-Sammler" unter Übersendung eines Diploms zum korrespondierenden Mitglied ernannt. Ein Sommerausflug am 6. Juni 1891 mit Preiskegeln und Fahnenweihe bot den Humoristen des Klubs, insbesondere den Herren DR. PHILIPPI und ADALBERT HUFF, ein reiches Feld zur Betätigung.

Ein Antrag auf Einführung eines Garantiestempels bei der Prüfungsstelle des Klubs wurde ebenso abgelehnt, wie die Beteiligung des Klubs am 3. Philatelistentage in Dresden, doch wurde letzterer von mehreren Mitgliedern, darunter LINDENBERG und KALCKHOFF besucht, auch wurde am 20. Juli 1891 die Beteiligung an dem auf dem Dresdner Philatelistentage ins Leben gerufenen "Vertraulichen Korrespondenzblatt" beschlossen. Um die Formalitäten bei Aufnahme neuer Mitglieder zu vereinfachen, wurde auf Grund einer am 25. Mai 1891 beschlossenen Satzungsänderung die Abstimmung über die Aufnahme ausschließ-lich in die Hände des Vorstandes gelegt. Diese Änderung bürdete aber dem Vorstand eine Verantwortung auf, die er glaubte, nicht tragen zu können, man kehrte daher nach 5 Monaten zu dem alten Modus zurück.


1892


Am 23. Januar 1892 wurde das Stiftungsfest wieder mit Damen bei sehr starker Beteiligung in den Räumen des "Kaiserhof", am Wilhelmplatz, gefeiert. Die Speisekarte war von ADALBERT HUFF in Verse gesetzt. Ferner wurde allen Teilnehmern ein von DR. KALCK-HOFF "verfaßter" und von ERNST HEITMANN in Leipzig gedruckter humoristischer Falsikatenbogen mit Aufdruckmarken überreicht, außerdem sandte die "ungegründete Sektion Leipzig" eine eigens für den Zweck entworfene und gedruckte Glückwunschkarte. Eine zweite Feier knüpfte an die 100. Sitzung am 13. Juni 1892 an.

Aber auch die Arbeit wurde nicht vergessen. Die Besprechung der Postwertzeichen der THURN UND TAXIS-Post wurde in drei Sitzungen beendet; fünf Sitzungen wurden den Postwertzeichen der Norddeutschen Bundespost gewidmet. Hier ist besonders das Referat über die überklebten Umschläge hervorzuheben, das von Amtsrichter a.D. FRAENKEL am 26. April 1892 erstattet wurde und sich sehr eingehend mit den vielen damals noch dunklen Punkten auf diesem Gebiet beschäftigte, die erst ein Jahr später durch die Monographie von LINDENBERG geklärt wurden. Ein sehr interessanter Bericht wurde von FRAENKEL am 21. März 1892 über den großen Fälscherprozeß c/a BENJAMIN und SARPY in London erstattet. An der Sammlung zur Deckung der Kosten diesen Prozesses beteiligte sich der Klub mit einer namhaften Summe. In diesem Jahre trat der Klub zum ersten Mal mit den philatelistischen Vereinen öffentlich in Berührung, indem er sich an dem 4. Philatelistentage in Prag beteiligte. Den eigentlichen Anstoß dazu hatte DR. KALCKHOFF gegeben, der dem vorbereitenden Ausschuß dieses Tages angehörte und dabei manche Neuerungen, z.B. die Festkarten, veranlaßt hatte. An dem Tage nahmen 16 Klubmitglieder teil; das bemerkenswerteste war die Wahl Berlins als Ort für den 5. Tag, die von allen übrigen selbständigen Berliner Vereinen beantragt worden war, denen sich bei der Abstimmung der Klub anschloß. Die Folge dieses Beschlusses war, daß der Klub mit den anderen Berliner Vereinen in nähere Beziehung trat, indem ein aus Vertretern aller Vereine bestehender Ausschuß eingesetzt wurde, der den Berliner Philatelistentag vorzubereiten hatte.


1893


Das sechste Vereinsjahr begannt am 7. Januar 1893 mit der Feier des Stiftungsfestes, das wieder mit Damen im "Kaiserhof" fröhlich gefeiert wurde. Als weiteres geselliges Vergnügen fand ein Sommerfest in der Försterei "Neue Scheune" gegenüber dem "Eierhäuschen" an der Oberspree statt. Der Clou dieses Festes war die Enthüllung eines LINDENBERG-Denkmals in Überlebensgröße, dessen Kopf der nachmals berühmt gewordenen Bildhauser LEDERER modelliert und im Gips abgeformt hatte.

Im übrigen stand das Jahr unter dem Zeichen des Philatelistentages, der vom 2. bis 4. Septem-ber 1893 in den Räumen des Architektenhauses, Wilhelmstr. 92/93, abgehalten wurde. Die vorbereitenden Ausschüsse bestanden größtenteils aus Klubmitgliedern, da auch die meisten Vertreter der übrigen Berliner Vereine gleichzeitig dem Klub angehörten. Das Zusammen-arbeiten der Vereine hatte allseitig so befriedigt, daß in der Schlußsitzung des Hauptaus-schusses der Wunsch nach dauernder Aufrechterhaltung dieser Beziehungen zutage trat. Er wurde auch bei Beginn des folgenden Jahres verwirklicht, indem jeder der 4 beteiligten selbstständigen Vereine neben seinem Vorsitzenden zwei Vertreter zur Bildung eines ständigen Ausschusses entsandte.

Einen unliebsamen Zwischenfall verursachte das Mitglied EDVARD M. RUBEN in Kopenhagen. In der im April erschienenen Monographie LINDENBERGS über die Norddeutschen Briefumschläge war bekanntlich GEORGES FOURE´ in Berlin bloß gestellt worden, auf den die künstlich fabrizierten, niemals wirklich herausgegebenen überklebten Umschläge zurückgeführt wurden. RUBEN hatte nun FOURE´ in Schutz genommen und seinerseits aus dem Postmuseum stammende Stücke für Schwindel erklärt und, wenn auch ohne Namensnennung, LINDENBERG deshalb angegriffen, obwohl der aus den Klubmitteilungen genaue Aufklärung hätte erhalten können. Dieses Vorgehen erregte begreiflicherweise im Klub Entrüstung und führte zum Ausschluß RUBENS aus dem Klub. Die übrigen Kopenhagener Mitglieder folgten ihrem Führer RUBEN freiwillig.

Am Schluß des Jahres 1893 sah sich der Klub genötigt, nach einem neuen Versammlungslokal Umschau zu halten, da das alte wegen Raummangels nicht mehr befriedigte. Es ist bald nachher dem Abbruch geweiht worden. Die Generalversammlung am 18. Dezember 1893 lag eine Erklärung LINDENBERGS vor, daß er aus Gesundheitsgründen eine Wiederwahl zum Vorsitzenden ablehne. Er wurde trotzdem wieder zum Vorsitzenden gewählt, und ihm wurde eine Adresse überreicht, welche den Wünschen des Klubs nach Aufrechterhaltung des bisherigen Verhältnisses Ausdruck gab. LINDENBERG übernahm darauf von neuem das Amt des Vorsitzenden, sein Stellvertreter wurde DR. KALCKHOFF, da DR. PHILIPPI wegen Fortzugs von Berlin aus dem Vorstand ausscheiden mußte.


1894


Ein großer Teil der Sitzungen im 7. Vereinsjahr beschäftigte sich mit Organisations-und Verwaltungsangelegenheiten. Die Satzung des Klubs und die Tauschordnung wurden von einer zu diesem Zweck gewählten Kommission von 5 Mitgliedern (HARTMANN, KALCK-HOFF, LINDENBERG, PUESCHEL, STADTHAGEN) neu bearbeitet und am 18. Juni 1894 beraten und angenommen. Vom Februar 1894 ab siedelte der Klub in das Restaurant von PFEIFFER & HECHT, Friedrichstraße 231 über, nachdem dort am 29. Januar 1894 das Stiftungsfest durch einen "Herrenabend" gefeiert worden war. Das neue Vereinslokal bot vor allem die Möglichkeit, die Bibliothek in einem Nebenzimmer des Sitzungssaales unterzu-bringen und sie dadurch leichter zugänglich zu machen. Dank der eifrigen Tätigkeit FRAENKELS hatte sie sich gewaltig vermehrt und war besonders in den älteren deutschen Zeitschriften in erfreulicher Weise vervollständigt worden. Ein Bild des damaligen Bestandes liefert der 1893 in den Klubmitteilungen und Anfang 1894 als vervollständigter Sonderabdruck veröffentlichte Katalog der vorhandenen deutschen Zeitschriften. Am 25. Juni 1894 wurde ein sehr gelungenes Sommerfest wieder in "Neue Scheune" und "Eierhäuschen" gefeiert. Außerdem war ein Festpostamt eingerichtet, das von C. BIERBACH gedruckte Karten mit einer eingedruckten LINDENBERG-Marke in unzähligen Abarten verausgabte und sie mit dem Stempel "NEUE SCHEUNE 1 25/6 94 2 - N" entwertete. Diese Karten waren sogleich eine Parodie auf das damals in Aufnahme gekommene Sammeln der Reichs-postkarten nach Kontrolldaten.

Von besonderer Bedeutung für den Klub wurde der 6. Philatelistentag in Kiel. Bei den Verhandlungen dort zeigte es sich, daß gegen den Klub und sein geistiges Übergewicht starke latente Widerstände bestanden, die besonders von Frankfurt ausgingen. Es kam auf dem Tage zu Äußerungen dieser Gegnerschaft, die ein weiteres einheitliches Zusammenarbeiten ausgeschlossen erschienen ließen. Der Klub zog in einer bewegten Sitzung am 15. Oktober 1894 hieraus die Konsequenzen, indem der die weitere Beteiligung an den Philatelistentagen und am "Vertraulichen Korrespondenzblatt" ablehnte, um seine Kräfte nicht in zwecklosen Kämpfen aufzureiben. Dieses Zurückziehen auf sich selbst ist zwar dem Klub damals und später oft verübelt und zum Vorwurf gemacht worden. Allein diejenigen, die die damaligen Zeiten miterlebt haben, haben den Schritt nie bereut und haben bisher auch den Nachwuchs des Klubs in gleichem Sinne beeinflussen können. Die Verhältnisse haben sich inzwischen zwar wesentlich geändert; aber die in dem Bericht über die 157. Sitzung (Nr. 80 der Klubmitteilungen) enthaltenen eingehenden Ausführungen LINDENBERGS gelten auch heute noch und seien allen Mitgliedern zur Kenntnisnahme empfohlen. Mit dem Ausscheiden des Klubs aus dem Verkehr mit anderen Vereinen kam auch der früher erwähnte Ausschuß der Berliner Vereine zu einem seligen Ende.

Wenn auch der Klub so wenig wie in früheren Jahren zur Herausgabe eigener Werke kam, so bot der doch den Mitgliedern einen Ersatz durch die Verteilung der schönen Monographie von FRIEDERICH über die "Postwertzeichen Spaniens und seiner Kolonien".


1895


Dem unruhigen Vereinsjahr 1894 folgte eine längere Zeit friedlichen Vereinslebens, in der der Klub ruhig und zielbewußt seinem Streben nachgehen konnte, "das darin besteht, durch wissenschaftliche Tätigkeit und Forschung die Bedeutung der Philatelie zu heben und den bedeutenden oder strebsamen Philatelisten einen Sammelpunkt zu bieten, wo sie im gegen-seitigen Verkehr und Meinungsaustausch Befriedigung und Anregung für ihre Sammellieb-haberei finden". (LINDENBERG im Bericht über das 8. Vereinsjahr.)

Das Stiftungsfest wurde mit Damen im Savoy-Hotel, Friedrichstraße 103, am 19. Januar 1895 gefeiert; dabei gelangte ein "Verträgliches Korrespondenzblatt" zur Ausgabe, das in humoristischer Form die Ereignisse des Kieler Philatelistentages und die darauf folgenden Vorgänge in die Erinnerung zurückrief. In Ausführung des im Vorjahr gefaßten Beschlusses, Neudrucke und Fälschungen rückseitig zu stempeln, wurden für diesen Zweck geeignete Metallstempel angeschafft und in Benutzung genommen. Amtlich hergestellte Neudrucke wurden mit NDR, private mit Ndr gestempelt, der Stempel für Fälschungen wies das Wort "Falsch" mit einem F in Markengröße auf. In dem Kampf gegen die Neudruckfabrikation tat der Klub noch einen weiteren bemerkenswerten Schritt. Er kaufte die Druckmaterialien an, welche der Briefmarkenhändler DAVID COHN in Berlin zur Herstellung von Neudrucken der 3 Gr.-Marke von Hannover benutzt hatte, und schenkte sie dem Reichspostmuseum. Von dem Kaufpreis war der größere Teil (329 M.) durch freiwillige Beiträge der Mitglieder aufgebracht worden, auch der "Verein Braunschweiger Briefmarken-Sammler" unter der Leitung des Klubmitgliedes LUDWIG BERGER hatte sich mit einer Spende beteiligt. Hierbei möge erwähnt werden, daß ein Jahr vorher das Klubmitglied J.B. MOENS dem Postmuseum den Originalstein der Bergedorfer Marken zur Verfügung gestellt hatte.


1896


Das 9. Klubjahr verfloß äußerst ruhig, aber für die Mitglieder anregend. Das Stiftungsfest wurde am 3. Februar 1896 durch eine Festsitzung mit anschließendem gemeinsamem Essen im Klublokal PFEIFFER & HECHT gefeiert. In der Sitzung hielt H. FRAENKEL einen hochinteressanten Vortrag über die österreichischen Zeitungsmarken 1. Ausgabe (Merkur-köpfe). Es war angeregt worden, einmal eine Klubsitzung außerhalb abzuhalten, und es war Magdeburg dafür in Aussicht genommen, indessen zerschlug sich der Plan. Die 200. Sitzung fand im Klublokal statt. L.BERGER überreichte dabei für das Postmuseum einige vom ihm aufgefundene Stücke der Original-Messingleisten, mit denen der Durchstich der Braunschweiger Marken bewirkt worden war.

Der Verlag der Deutschen Briefmarken-Zeitung ging im August 1896 von DR. BRENDICKE auf H. KROETZSCH über. Es wurde dadurch der mit ersterem geschlossenen Vertrag über den Druck und die Lieferung der Vereinsmitteilungen hinfällig, und es wurde beschlossen, die Mitteilungen fortan in eigener Regie herauszugeben; sie sind seitdem in Roitzsch gedruckt worden.


1897


Das Stiftungsfest wurde am 18. Januar 1897 im Anschluß an die 214. Sitzung durch ein "Herrenessen" gefeiert. Von einer größeren Feier mit Damen war Abstand genommen worden, um die Kräfte für das zehnjährige Jubiläum zu sammeln. Dieser Festabend wurde auch gewissermaßen der "Empfängnistag" des Germaniaringes und der Sammlertage. L.BERGER regte nämlich an, zum Herbst eine philatelistische Zusammenkunft in der Gegend des Harzes zu veranstalten, die im Gegensatz zu den von Philatelie ziemlich freien Philatelisten-tagen die wirklichen Philatelisten zusammenführen sollte. Der Tag wurde später für Anfang September 1897 in Braunschweig vorbereitet und führte zur Gründung des Germaniaringes, wenn auch ohne die von den geistigen Urhebern der Idee hauptsächlich gewünschte Beteiligung des Klubs. Die Seele dieses neuen Bundes wurde bekanntlich P. OHRT, dessen wertvolle Arbeitskraft dadurch leider dem Klub verloren ging. Unerwartet erklärte der bisherige Kassenwart und Tauschobmann A. PUESCHEL am 18. März 1897 seinen Austritt. Er wurde am 5. April 1897 durch ADOLF FRIEDEMANN ersetzt.


1898


Am 22. Januar 1898 fand aus Anlaß des zehnjährigen Bestehens ein Festessen und Ball im Savoy-Hotel, Friedrichstraße 103 statt. Der folgende Tag brachte eine Festsitzung mit Frühstück im Klublokal, bei welcher das erste Klubwerk den Mitgliedern überreicht wurde. Es war dies die "Festschrift zur Feier des zehnjährigen Bestehens des Berliner Philatelisten-Klubs". Sie war herausgegeben von einer literarischen Kommission, der die Herren FRAENKEL, KALCKHOFF, LINDENBERG und OHRT angehörten. Die eigentliche Redaktionsarbeit hatte H. FRAENKEL übernommen. Diese vornehm ausgestattete Festschrift besteht aus 19 reich illustrierten Aufsätzen von Mitgliedern über die verschiedensten Gebiete der Philatelie. Die von ausländischen Mitgliedern eingelieferten Arbeiten sind in der Ursprache (englisch, französisch, italienisch) und in Übersetzung gegeben. Den Schluß des Buches bildet ein Verzeichnis der aktiven Mitglieder, nach dem Tage ihres Eintritts geordnet. Das Werk wurden den Mitgliedern als persönliches Geschenk überreicht und kam zunächst nicht in den Buchhandel. Außer den Mitgliedern erhielten es nur noch einige hochgestellte Persönlichkeiten und einige dem Klub nahestehende Vereine. Ein Mitglied, das sein Exemplar sofort verkauft hatte, mußte den bewiesenen Mangel an Solidaritätsgefühl mit dem Ausschluß aus dem Klub büßen.

In der Festsitzung kam noch ein anderes Werk zur Verteilung, das auf der Arbeit zweier Klubmitglieder beruhte, nämlich ein von DR. BRENDICKE bearbeiteter Katalog der eigen-artigen historisch-philatelistischen Sammlungen des Magistratssekretärs L. REEDER. Die Klubfestschrift hat zweifellos sehr dazu beigetragen, den Klub in weiteren Kreisen bekannt zu machen.

In der Sitzung am 21. Februar 1898 regte LINDENBERG im Anschluß an einen Vortrag über die Briefbögen von Britisch-Indien die Gründung einer Vereinigung von Ganzsachen-sammlern an. Ob die Entstehung des dem Klub durch weitgehende Personalunion nahestehenden "Berliner Ganzsachen-Sammler-Vereins" auf diese Anregung zurückzuführen ist, wird sich bei völligem Mangel an urkundlichem Material in diesem Verein nicht nach-weisen lassen. Die Sitzung vom 6. Juni 1898 brachte neben der Mitteilung, daß ein zweiter großer Bibliothekschrank in Benutzung genommen sei, einen umfassenden Vortrag FRAENKELS über die Entlarvung FOURE´S; er gab darin eine kritische Würdigung der Ansprüche, die der "Internationale Philatelisten-Verein" in Dresden in dieser Angelegenheit für sich erhoben hatte, und wies sie als nichtig zurück; das Verdienst an der Aufdeckung des FOURE´schen Schwindels gebühre allein LINDENBERG mit seiner Arbeit über die Brief-umschläge des Norddeutschen Postbezirks. Aus dieser Arbeit waren LINDENBERG manche Unannehmlichkeiten in seiner Tätigkeit als Beirat des Postmuseums erwachsen, das damals eine neue Leitung erhalten hatte. Er zog sich deshalb vom öffentlichen philatelistischen Leben und auch von der Leitung des Klubs zurück und erklärte in einem am 7. November 1898 verlesenen Schreiben, daß er eine Wiederwahl unter keinen Umständen annehmen werde. Es gelang auch nicht, ihn von seinem Entschluß abzubringen. Indessen fand der stellvertretende Vorsitzende DR. KALCKHOFF einen Ausweg: in der Generalversammlung am 19. Dezember 1898 wurde LINDENBERG zum Ehrenmitglied und als solches zum Ehrenvor-sitzenden gewählt. Gleichzeitig wurde der Vorstand um drei Beisitzer vermehrt, so daß er von nun an 9 Mitglieder zählte.

1899


Das Stiftungsfest wurde am 23. Januar im Klublokal durch ein Herrenessen gefeiert, zu dem auch Landgerichtsdirektor LINDENBERG erschienen war. Er machte im Laufe des Abends die Mitteilung, dass er an demselben Tage sein Amt als Beirat des Postmuseums niedergelegt habe.

Das Hauptthema des Jahres war die Abfassung einer neuen Satzung im Hinblick auf die gerichtliche Eintragung des Klubs, die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch vom 1. Januar 1900 an möglich wurde. Es wurde zu diesem Zweck am 6. Februar eine fünfgliederige Kommission gewählt, in die die Herren Dr. ALEXANDER-KATZ, AD. FRIEDEMANN, Dr. KALCKHOFF, Dr. STADTHAGEN und O. WASSERMANN entsendet wurden. Unter Mitwirkung LINDENBERGS arbeitete sie eine neue Satzung aus, die in Nr. 120 der Klubmitteilungen veröffentlicht und am 19. Juni 1899 zum ersten Mal beraten wurde. Mannigfache Anregungen auch von auswärtigen Mitgliedern, sowie die Frage einer Erhöhung der Mitgliedsbeiträge veranlassten eine Rückverweisung des Entwurfs an die Kommission, die bereits am 3. Juli 1899 den geänderten Entwurf zur zweiten Lesung stellte. Die Beiträge waren nach diesem neuen Vorschlag auf 10 M. bzw. 20 M. (für die Berliner) bemessen und wurden in dieser Höhe mit dem übrigen Entwurf angenommen. Die endgültige Beschlussfassung sollte aber erst im Oktober stattfinden. Bis dahin wurden nun gewichtige Bedenken laut, ob die Beitragserhöhung, so sehr ihre Notwendigkeit anerkannt wurde, zu dem damaligen Zeitpunkt philatelistischer Depression zweckmäßig wäre. In der Sitzung am 2. Oktober 1899 platzten die verschiedenen Ansichten lebhaft aufeinander, eine geringe Erhöhung wurde schließlich von einer Mehrheit angenommen, die aber statutengemäß nicht genügte. Bei der Fortsetzung der Beratung am 16. Oktober 1899 wurde schließlich jede Erhöhung abgelehnt.

Dagegen wurde auf Anregung LINDENBERGS ernstlich erwogen, ob man die besonderen Klubmitteilungen beibehalten solle, die Mehrheit war der Ansicht, dass gerade die "Vereinsmitteilungen" das beste Agitationsmittel des Klubs gewesen seien, dessen Aufgabe in der Öffentlichkeit als ein Zeichen des Verfalls angesehen werden würde. Eine Anregung von H.KROETZSCH, die Verwertung der philatelistischen Nachlässe verstorbener Klubmitglieder unter die Vereinsaufgaben aufzunehmen, wurde verworfen. Indessen sei hier bemerkt, dass der Klub in solchen Fällen den Hinterbliebenen stets mit Rat und Tat beigestanden hat, wenn sie mit einem entsprechenden Wunsche an den Klub herangetreten sind. Die neue Satzung wurde schließlich einstimmig angenommen. Durch sie verwandelte sich der bisherige Vorstand in einen "Ausschuss", während als gesetzlicher "Vorstand" im Sinne des Bürgerlichen Gesetzbuches fortan nur die beiden Vorsitzenden gelten. Durch die neue Satzung wurde die Prüfungskommission endgültig beseitigt; praktisch hatte sie schon früher ihre Tätigkeit eingestellt.

1900-1902


Es folgten nun ein paar Jahre ruhigen Vereinslebens. Die Stiftungsfeste wurden in allen drei Jahren 1900-1902 jedesmal durch ein gemütliches Herrenessen gefeiert, und zwar am 22. Januar 1900 im alten Klublokal in der Friedrichstraße, am 21. Januar 1901 im Restaurant RUDOLF DRESSEL, Unter den Linden 50, am 20. Januar 1902 im neuen Klublokal, dem Restaurant G.PFEIFFER in der Teltower Straße 1. Den Klub traf nämlich im Juni 1900 zum zweiten Male das Geschick, sein Heim wegen bevorstehenden Abbruches räumen zu müssen. Er siedelte zunächst in das Hotel "Badischer Hof", Unter den Linden 9 über, doch erwies sich das Sitzungszimmer dort zu klein, sobald mehr als 18 Mitglieder anwesend waren. Die Bibliothek war überhaupt nicht unterzubringen.

Nach längerem vergeblichen Suchen nach einer geeigneten Unterkunft wurde das Angebot des früheren Wirtes G. PFEIFFER angenommen, der inzwischen ein Restaurant an der Ecke der Belle-Alliance-und Teltower Straße übernommen hatte. Man hatte anfangs an der Lage des Lokals Anstoß genommen, doch kam bald die Hochbahn zu Hilfe, um den vielen im Westen wohnenden Mitgliedern die Erreichung des neuen Lokals zu erleichtern. Die erste Sitzung dort fand am 23. September 1901 statt unter Leitung des Bibliothekars FRAENKEL, da die beiden Vorsitzenden zufällig verhindert waren. FRAENKEL legte sein Amt mit Ablauf des Jahres 1901 nieder und wurde durch A. GOTTSCHALK ersetzt, der die ganze Bibliothek neu ordnete und katalogisierte.

Im Frühjahr regte der bekannte Berliner Briefmarkenhändler P. LIETZOW im Klub die Veranstaltung einer großen Briefmarkenausstellung in Berlin an, fand aber damit keine Gegenliebe. Ebensowenig konnte sich der Klub entschließen, die Veranstaltung des für 1901 nach Berlin eingeladenen Philatelistentages zu übernehmen.

Die 300. Sitzung am 5. November 1900 verlief sang-und klanglos, gab aber zur Auffrischung historischer Erinnerungen aus der Jugendzeit des Klubs Anlaß.

Die von C. LINDENBERG bearbeitete Monographienreihe über die Briefumschläge der deutschen Staaten ist bekanntlich unvollendet geblieben, da gerade die beiden interessantesten Gebiete Preußen und Deutsches Reich, fehlen. Der Wunsch, diese Lücke ausgefüllt zu sehen, führte am 3. Februar 1902 zu dem Beschluß, die Herausgabe durch Unterstützung des Verlegers zu sichern, dem eine der Mitgliederzahl entsprechende Anzahl von Exemplaren abgenommen werden sollte. Der schöne Plan scheiterte durch die Versetzung LINDENBERGS als Landgerichtspräsident nach Ratibor, wo ihm für die Arbeit keine Zeit blieb. Der Abschied von dem "Vater des Klubs", der den Verein 15 Jahre lang geleitet hatte, wurde durch ein Festmahl im "Kaiserhof" gefeiert. Die von HUFF inszenierte Festzeitung hatte die Form eines riesigen Taschentuchs mit Trauerrand. Bei dieser Gelegenheit wurde dem Scheidenden eine Bronzefigur auf einer Säule als gemeinsames Geschenk aller Klubmitglieder überreicht. In der Schlusssitzung des Jahres am 15. Dezember 1902 wurde Regierungsrat Dr. KALCKHOFF zum Vorsitzenden gewählt, der bereits seit 9 Jahren stellvertretender Vorsitzender gewesen war. Stellvertreter wurde der bisherige erste Schriftführer O. WASSERMANN.

1903


Mit 1902 schloß die erste Periode des Klubs, die Ära LINDENBERG und es begann nunmehr die Zeit der Epigonen. Zunächst machte sich natürlich der Unterschied nicht sehr bemerkbar, da der alte Mitgliederstamm die bisherigen Traditionen weiter pflegte. Mit dem Scheiden alter und dem Eintritt neuer Mitglieder musste sich darin naturgemäß allmählich ein Wandel vollziehen. Auch die Philatelie als Sammelliebhaberei hat sich in der folgenden Zeit geändert, indem sie aus einem reinen anregenden Zeitvertreib immer mehr in das Fahrwasser ungesunder Spekulanten geraten ist. Darunter hat natürlich die von den Handelspreisen unabhängige ideale Betrachtung der Marken, die gerade im Klub besonderes gepflegt wurde, gelitten, wenn es auch bisher gelungen ist, ihr im Klub eine Pflegestätte zu erhalten.

Das 16. Stiftungsfest wurde am 19. Januar 1903 wieder durch ein gemütliches Herrenessen im Klublokal gefeiert. Von einer größeren Feier war hauptsächlich wegen LINDENBERGS Fortgang abgesehen worden. Um dessen Stimme im Vorstand auch ferner zur Geltung zu bringen, wurde am 2. März 1903 eine Änderung des §5 der Satzung beschlossen, durch die alle Ehrenmitglieder ohne weiteres zu Mitgliedern des Ausschusses gemacht wurden. Im Juli lag eine Einladung zu einer Postwertzeichen-Ausstellung in Berlin für das Jahr 1904 vor, die auch von mehreren Klubmitgliedern unterzeichnet war. Bei der grundsätzlich ablehnenden Stellung, die damals führenden Persönlichkeiten des Klubs zu den Ausstellungen einnahmen, wurde den Unterzeichnern zum Vorwurf gemacht, dass sie sich nicht vorher mit dem Ausschuss verständigt hätten. Man sah darin eine Durchbrechung des Grundsatzes der Zurückhaltung von öffentlichen Veranstaltungen, der seit 1894 im Klub aufrecht erhalten war. Indessen wurde aus dieser Angelegenheit keine Kabinettsfrage gemacht, es griff vielmehr später ein gewisses Entgegenkommen gegen die Ausstellung durch.

Lebhafte Erörterungen wurden am 20. Juli und 19. Oktober 1903 über den Charakter der "Vereinsmitteilungen" gepflogen. Veranlassung dazu gab der Umstand, dass ein Berliner Händler sich rühmte, die Klubmitteilungen stets sofort nach deren Versand zu erhalten; es musste also ein Klubmitglied sie ihm liefern. Man war allgemein der Meinung, dass eine solche Handlungsweise eines Klubmitgliedes nicht würdig sei. Durch Beschluß des Ausschusses wurde deshalb die Bezeichnung "Vereinsmitteilung" durch "Vertrauliche Mitteilungen" ersetzt, "um keinem Mitgliede einen Zweifel darüber zu lassen, dass die regelmäßige fortlaufende Überlassung der Klubberichte an Nichtmitglieder einen Verstoß gegen die Interessen des Klubs bedeute, der die Ausschließung aus dem Klub rechtfertigen würde". Die durch diesen Beschluß notwendig gewordene Änderung des Kopfes der Mitteilungen fiel zusammen mit einer zweiten Änderung, die sich aus der am 12. Dezember 1903 endlich bewirkten Eintragung des Klubs in das Vereinsregister des Amtgerichts Berlin I ergab, wo er unter Nr. 391 verzeichnet wurde. Die sorgfältig bearbeitete Satzung wurde vom Registerrichter nur in einer unwesentlichen Kleinigkeit bemängelt, die rein redaktioneller Natur war. Der Klub setzt seitdem seinen Namen das gesetzlich vorgeschriebene "e.V." zu.

Der Tauschobmann Ad. FRIEDEMANN war seit dem Stiftungsfeste krank und konnte an den Sitzungen nicht mehr teilnehmen. Als er im April das 1000. Tauschheft versandte, wurde ihm, dem leidenschaftlichen Raucher, eine hübsche Tabakspfeife mit Klubmonogramm und Widmung überreicht.

Am 2. März 1903 brachte Dr. KALCKHOFF zur Sprache, dass das Märkische Museum in Berlin nach Zeitungsnachrichten eine Poststube einrichten wolle, in der Erinnerungen an das Postwesen in der Mark untergebracht werden sollten. Er regte daraufhin die Anlage einer Sammlung der Berliner Poststempel an, die später dem Museum geschenkt werden sollte. Der Vorschlag wurde angenommen, und es wurde durch einen Aufruf in den Mitteilungen zum Sammeln von Material aufgefordert. Das Ergebnis des ersten Jahres waren etwa 700 bis 800 Stempel, ungerechnet einige hundert Abarten.

Die Reichspost hatte Ende 1903 die Stempelung privater Karten und Briefumschläge mit amtlichen Wertzeichen wesentlich erleichtert. Der Klub machte von dieser Erleichterung Gebrauch, indem er sich 2 Pfg.-Postkarten für die Einladungen und Briefumschläge zu 3 und 5 Pfg. zur Versendung der Zeitungen herstellen ließ.

1904-1907


Das Stiftungsfest wurde am 18. Januar 1904 im Klublokal in der seit Jahren üblichen Weise begangen. Besonderes Interesse für die Teilnehmer bot dabei die Vorlage der Spitzensammlung "Samoa" von G. BEILICKE. Am 7. April 1904 starb der bewährte Schatzmeister und Tauschobmann ADOLF FRIEDEMANN; an seine Stelle trat W. STOETZER, dessen sparsame und gewissenhafte Verwaltung sich für die Finanzen des Klubs als sehr vorteilhaft erwiesen hat. Die große Postwertzeichen-Ausstellung, die vom 25. August bis 4. September 1904 im Architektenhause, Wilhelmstraße 92/93, stattfand, gab Veranlassung zur Veranstaltung einer besonderen Sitzung im Klublokal am 29. August 1904, die durch die anwesenden auswärtigen Mitglieder und fremden Philatelisten Gelegenheit gegeben werden sollte, mit den Berliner Mitgliedern in Berührung zu kommen. An der Ausstellung beteiligte sich eine Anzahl von Klubmitgliedern, darunter die beiden Vorsitzenden Dr. KALCKHOFF und O. WASSERMANN, besonders aber JOHANNES ELSTER, der allein ein Zimmer für sich gebraucht hatte, um einen Teil seiner Markenschätze vorzuführen.

In der Sitzung am 18. Juli 1904 kam die Rede auf verschiedene neuerdings vom Postmuseum in den Handel gebrachte Marken, deren Charakter zweifelhaft erschien. Zur Erforschung und Aufklärung dieser Sachen wurde ein Fünferausschuss (KALCKHOFF, PIRL, SENFF, O. WASSERMANN, R. WEBER) gewählt, der am 21. August 1905 seinen ersten Bericht (abgedruckt in Nr. 183 der Vertraulichen Mitteilungen) vorlegen konnte. Die darin mitgeteilten Tatsachen erregten weit über Deutschlands Grenzen hinaus außerordentliches Aufsehen.

Da dem Ehrenmitgliede, Herrn Landgerichtspräsidenten LINDENBERG, bis dahin kein Beleg für seine schon 1898 erfolgte Wahl überreicht worden war, die übliche Form eines Diploms aber nicht eindrucksvoll erschien, so wurde beschlossen, die Wahl zum Ehrenmitglied in der Form einer Bronzeplakette zu bekunden. Mit der Anfertigung wurde der Herzoglich Sächsische Hofmedailleur MAX VON KAWACZYNSKI betraut, der sie zu allseitiger Zufriedenheit ausführte, sodaß das fertige Werk beim Stiftungsfeste am 23. Januar 1905 ausgestellt werden konnte. Der Künstler hatte angeregt, das in der Plakette enthaltene Bildnis LINDENBERGS in Form einer abgegossenen Medaille den Mitgliedern zugänglich zu machen.

Dr. KALCKHOFF schien es aberzweckmäßiger aus einer solchen Medaille ein Ehrenzeichen zu machen. Nachdem der den Ausschuß für diese Idee gewonnen und Erlaubnis LINDENBERGS eingeholt hatte, wurde auf seinen Vorschlag am 6. Februar 1905 die Schaffung einer LINDENBERG-Medaille für "hervorragende Verdienste auf dem Gebiet der Philatelie" beschlossen und VON KAWACZYNSKI mit der Anfertigung der erforderlichen Modelle für Prägeformen beauftragt. Gegossene Medaillen wären zwar billiger gewesen, allein Gussformen hätten nicht die gleiche Gewähr für Dauerhaftigkeit geboten, ganz abgesehen von dem geringeren künstlerischen Werte gegossener Stücke. Die Herstellung der Prägeformen und die Prägung der Medaillen selber ist von der bekannten Firma CHR. LAUER in Nürnberg und Berlin ausgeführt worden. Am 20. März 1905 wurden FRAENKEL, KALCKHOFF und O. WASSERMANN mit der Ausarbeitung eines Statuts für die Verleihung der Medaille beauftragt; der von Dr. KALCKHOFF herrührende Entwurf wurde in Nr. 184 der "Vertraulichen Mitteilungen" veröffentlicht und am 16. Oktober und 18. Dezember 1905 mit kleinen Änderungen angenommen. Dieses Statut gestimmt, dass die Medaille für wissenschaftliche Forschungen und schriftstellerische Tätigkeit auf philatelistischem Gebiete verliehen werden soll, nicht aber, wie bei der Beratung des Statuts ausdrücklich betont wurde, für rein persönliche Verdienste um den Klub oder für eine reine Sammeltätigkeit. Das Statut machte die Verleihung der Medaille vom Klub unabhängig, indem es sie in erster Linie den Inhabern der Medaille übertrug. Es wurden deshalb bei der ersten Wahl mehrere Medaillen an Philatelisten im In-und Auslande verliehen, um gleich einen selbstständigen Wahlkörper zu schaffen. Beim Stiftungsfest am 22. Januar 1906 wurden als erste Inhaber der Medaille verkündet die Herren HAAS in Leipzig, Dr. DIENA in Rom, Dr. LEGRAND in Neuilly, BACON in London. Eine fünfte Medaille war Amtsrichter FRAENKEL zugedacht gewesen, der aber, als er davon erfuhr, bat, von seiner Person Abstand zu nehmen. Diese Ablehnung wurde wohl mit Recht als eine Kränkung des Klubs aufgefasst und führte leider zu einer Trübung des Verhältnisses zwischen FRAENKEL und dem Klub, die beiden Teilen gleich schmerzlich war.

Am 1. Mai 1905 fand die 400. Sitzung statt. Sie wurde zwar nicht besonders gefeiert, doch gab Dr. KALCKHOFF einen Rückblick auf die früheren Hunderter-Sitzungen. Der auf denselben Tag fallende Geburtstag des Stifters des Klubs wurde dadurch hervorgehoben, dass eine galvanoplastische Nachbildung der Ehrenmitgliedsplakette eingerahmt im Klubsaal aufgehängt wurde. Noch eine dritte Feier fiel auf diesen Tag, die silberne Hochzeit des verdienten Schatzmeisters und Tauschobmannes STOETZER, dem eine Abordnung des Klubs am Vormittag die Glückwünsche des Klubs und einen silbernen Becher überreicht hatte.

Die Frage der Versicherungen der Sammlungen gegen Feuer wurde in mehreren Sitzungen des Jahres 1905 von neuem erörtert und führte schließlich zu einem Abkommen mit "Lloyds" in London, da die deutschen Versicherungsgesellschaften unerfüllbare Bedingungen stellten. Der Vertrag ist in Nr. 198 der "Vertraulichen Mitteilungen" abgedruckt.

So war das Jahr 1906 in jeder Hinsicht für den Klub zufriedenstellend verlaufen und Dr. KALCKHOFF konnte in seinem Jahresberichte am 17. Dezember darauf hinweisen, dass der Zuwachs an neuen Mitgliedern und der Sitzungsbesuch so günstig gewesen sei, wie seit vielen Jahren nicht. Er hielt damit den Zeitpunkt für gekommen, wo er das ihm allmählich drückend gewordene Amt des Vorsitzenden in andere Hände legen könnte; dem dringenden Ersuchen der Mitglieder gegenüber ließ er sich indessen doch bewegen, eine Wiederwahl anzunehmen. Das Stiftungsfest am 21. Januar 1907, das in dem gewohnten Rahmen gefeiert wurde, wies eine außergewöhnlich starke Beteiligung auf, und so schien sich das neue Jahr gut anzulassen. Am 22. April 1907 erstattete die Aufklärungskommission ihren zweiten Bericht (Nr. 200 der Vertraulichen Mitteilungen), in dem sie das Ergebnis ihrer weiteren Feststellungen bekannt gab. Dieser Bericht wurde lebhaft angegriffen; man machte der Kommission zum Vorwurf, dass sie nicht eine bestimmte Definition über die nachträglich gedruckten Marschallinseln erster Ausgabe gegeben und dass sie ihre Informationen von den beiden Hauptangeschuldigten bezogen habe. Als dritter, wenn auch nicht ausgesprochener Vorwurf kam wohl hinzu, dass der Bericht zeigte, dass vom Postmuseum auch früher schon minderwertige Ware an den Markt gebracht worden war. Es ist hier nicht der Ort, auf diese Angelegenheit näher einzugehen. Für die Geschichte des Klubs interessieren nur die Folgen. Einige Mitglieder glaubten nämlich, aus der Arbeit der Kommission die Berechtigung zur Sprengung des Klubs herleiten zu dürfen und agitierten hinterrücks in diesem Sinne. Der erstrebte Erfolg blieb zwar aus, aber die Tradition wurde unterbrochen dadurch, dass sich eine Anzahl älterer Mitglieder grollend zurückzog und den jüngeren, die für deren Beweggründe kein Verständnis hatten, das Feld überließ. Die Missstimmung, die der Vorfall nach sich zog, wirkte aber für längere Zeit im inneren Klubleben ungünstig nach.

An zwei Abenden, nämlich am 4. Februar und 1. Juli 1907 wurde über die Kennzeichnung von Fälschungen debattiert, wobei die technischen und juristischen Gesichtspunkte eingehend erörtert wurden. Eine endgültige Stellungnahme behielt man sich vor, bis der Hamburger Philatelistentag zu der Frage Stellung genommen haben würde. Der Hamburger Tag hat nachher einen Beschluß angenommen, der etwa der Praxis der früheren Prüfungskommission des Klubs entsprach, der Klub ist aber auf die Angelegenheit nicht mehr zurückgekommen. Auch zu den Gefälligkeitsabstempelungen wurde am 8. April in folgender Resolution Stellung genommen (Nr. 199 der Vertraulichen Mitteilungen):

Der Klub spricht seine Meinung gegen die im "Deutschen Philatelist" (Nr. 2 und 3) gebrachten Artikel über Gefälligkeitsabstempelungen dahin aus, dass Gefälligkeitsab-stempelungen, die während der Kursdauer der Marken erfolgt sind, als minderwertig zu gelten haben, dass aber Abstempelungen nach Außerkurssetzung der Marken als Stempel-fälschungen anzusehen sind und von vornherein unter dem Verdacht stehen, dass sie zu betrügerischen Zwecken angefertigt worden seien. Der Juli 1907 wurde für die Bibliothek des Klubs von großer Bedeutung, weil sie von sachverständiger Hand geordnet und katalogisiert wurde, so dass sie seitdem für die Benutzung zugänglicher geworden und vor allem leichter zu verwalten ist. Ein schmerzlicher Verlust war der Tod des früheren langjährigen Bibliothekars FRAENKEL, der am 20. September 1907 unerwartet einem inneren Leiden erlag.

1908-1909


Mit Ende 1907 legte KALCKHOFF endgültig das Amt des Vorsitzenden nieder, weil er die große Arbeitslast aus Rücksicht auf seine Gesundheit nicht länger tragen konnte und weil er außerdem nach einem Vorort verzogen und dadurch dem Vereinsleben mehr entrückt war. Zum Dank für seine langjährige Tätigkeit im Vorstande wurde er am 2. März 1908 zum Ehrenmitglied gewählt. Vorsitzender wurde der bisherige Stellvertreter O. WASSERMANN, nach der inzwischen nach Berlin zurückgekehrte Landgerichtspräsident LINDENBERG die zuerst auf ihn gefallene Wahl abgelehnt hatte. Das Stiftungsfest wurde am 18. Januar 1908 durch ein Herrenessen im Hotel ADLON, Unter den Linden 1, gefeiert. Der langjährige ständige Klubimprovisator HUFF fand dabei einen Nachfolger in Justizrat SENFF.

Der neue Vorsitzende O. WASSERMANN war mit Erfolg bemüht, das wissenschaftliche Streben in den Klubsitzungen zu beleben. Bei dieser stillen Innenarbeit trat der Klub nach außen in keiner Weise hervor, sie fesselte aber einen tüchtigen Stamm von Berliner Mitgliedern, in deren Reihen zahlreiche neue und namentlich jüngere Mitglieder getreten waren, die sich gern und lebhaft am Klubleben beteiligten. Die Erkenntnis, dass der Klub zu literarischer Betätigung größere Mittel brauche, als sie ihm bis dahin zur Verfügung standen, führte zur Wiederaufnahme des einige Jahre früher abgelehnten Antrages auf Erhöhung der Mitgliedsbeiträge, die dann am 19. Oktober 1908 von der Versammlung einstimmig beschlossen wurde. Vor vorauszusehen war, hat dieser Schritt zum Austritt einer größeren Anzahl von Mitgliedern geführt, die entweder der Philatelie schon entfremdet und nur aus alter Gewohnheit noch im Klub geblieben waren, oder die eine Erhöhung des Beitrages für nicht gerechtfertigt hielten. Zur letzteren Gruppe gehörten hauptsächlich in Deutschland lebende Mitglieder, deren Hauptinteresse am Klub in der Tauschverbindung lag, während sie vom eigentlichen Klubleben wenig hatten.

Am 16. Januar 1909 wurde das Stiftungsfest nach elf Jahren zum ersten Mal wieder mit Damen gefeiert. Die schönen Festräume des Hotels ADLON sahen eine zahlreiche Gesellschaft versammelt. Der Erfolg dieser Veranstaltung hat dazu geführt, dass seitdem alle Stiftungsfeste in gleicher Weise und in den gleichen Räumen begangen worden sind.

Das seit 1901 benutzte Klublokal musste wegen Abbruchs geräumt werden, ein Geschick, das den Klub nun schon zum dritten Male traf. Es bereitete außerordentliche Schwierigkeiten, ein neues Lokal zu finden, besonders wegen der umfangreichen Bibliothek. In dieser Not schlug Dr. KALCKHOFF vor, im "Papierhaus", Dessauer Straße 2, ein Sitzungszimmer zu mieten. Eine Vorbesichtigung durch den gesamten Ausschuß lieferte das Ergebnis, dass dort alle Bedingungen für eine würdige Unterkunft des Klubs gegeben waren, besonders, dass auch die Bibliothek dort eine geeignete Unterkunft finden konnte. Den Vorteilen gegenüber erschien das Opfer einer verhältnismäßig hohen Miete gerechtfertigt, und so wurde denn ein entsprechender Vertrag abgeschlossen, und am 15. März 1909 die erste Sitzung in den neuen Räumen abgehalten, die allgemeinen Beifall fanden. Am 5. April 1909 fand eine Raritätenvorlage statt, zu der jedes Mitglied zwölf seltene Postwertzeichen mitbringen sollte. Diese interne Ausstellung fand lebhaften Anklang und brachte schöne Markenschätze zu Tage. Die 500. Sitzung fiel gerade in die stillste Zeit und wurde deshalb am 31. Juli 1909 durch einen Ausflug nach Wannsee und Kleinglienicke ersetzt. O. WASSERMANN lehnte eine Wiederwahl zum Vorsitzenden ab, da es ihm nicht möglich war, die Pflichten des Amtes mit seinen Berufsgeschäften zu vereinen; er schlug als seinen Nachfolger den größten Berliner Sammler, JOHANNES ELSTER, vor, der denn auch am 20. Dezember 1909 einmütig zum Vorsitzenden gewählt wurde.

1910-1912


Schon vor längerer Zeit war einmal der Plan erörtert worden, von Klub wegen eine Monographie der Postwertzeichen des Deutschen Reiches herauszugeben. Am 16. Oktober 1905 hatte Dr. KALCKHOFF angeregt, die Herausgabe für die Feier des 20jährigen Bestehens des Klubs ins Auge zu fassen. Aber die für ein solches Werk nötigen Arbeitskräfte wollten sich nicht finden, und so ruhte die Idee bis zum Ende des Jahres 1909, wo sie in einer Ausschusssitzung von neuem zur Sprache gebracht und ihre Ausführung zum 25jährigen Jubiläum des Klubs in Aussicht genommen wurde. Zwei Aufrufe vom 4. Februar und 5. August 1910 forderten alle Klubmitglieder zur Mitarbeit auf. Es muß leider festgestellt werden, dass sich nur einige wenige Mitglieder meldeten. Von diesen starben zwei bald nachher, ein drittes Mitglied zog seine Zusage, die Bearbeitung der Marken zu übernehmen, zurück und so blieb die aus den Herren ELSTER, KALCKHOFF und LINDENBERG bestehende Redaktionskommission ziemlich auf sich selbst angewiesen. Da die Mitglieder der Kommission aber durch Berufspflichten und andere Arbeiten reichlich in Anspruch genommen waren, rückte die Arbeit nicht vorwärts und es zeigte sich bald, dass ihre Fertigstellung zu dem beabsichtigten Zeitpunkt ausgeschlossen war. Es wurde deshalb im Sommer 1912 beschlossen, eine andere Festschrift erscheinen zu lassen, die sich wie die frühere Festschrift aus 1898 aus einzelnen Beiträgen zusammensetzen sollte.

Besetzung des Ausschusses seit Gründung des Klub

Ehrenmitglieder

Lindenberg, Carlseit 19.12.1898
Kalckhoff, Dr. Franzseit 2.3.1908
Wassermann, Oskarseit 17.1.1910


Vorsitzende

Lindenberg, Carl16.1.1888 bis 31.12.1902
Kalckhoff, Dr. Franz1.1.1903 bis 31.12.1907
Wassermann, Oskar1.1.1908 bis 31.12.1909
Elster, Johannes1.1.1910


Stellvertretende Vorsitzende

Regelien, Severin16.1.1888 bis 28.12.1888
Graf v. Ranzow, Daniel29.12.1888 bis 19.12.1892
Philippi, Arthur20.12.1892 bis 18.12.1893
Kalckhoff, Dr. Franz19.12.1893 bis 31.12.1902
Wassermann, Oskar1.1.1903 bis 31.12.1907
Pirl, Paul1.1.1908 bis 31.12.1908
Kosswig, C.M.1.1.1909 bis 31.12.1912
Hoffmann, Emil1.1.1913


Erste Schriftführer

Püschel, August16.1.1888 bis 15.12.1890
Philippi, Arthur16.12.1890 bis 19.12.1892
Kalckhoff, Dr. Franz20.12.1892 bis 18.12.1893
Schnell, Max19.12.1893 bis 17.12.1894
Augspach, Emil18.12.1894 bis 18.5.1896
Ohrt, Paul19.5.1896 bis 19.12.1898
Wassermann, Oskar20.12.1898 bis 31.12.1902
Augspach, Emil1.1.1903 bis 31.12.1903
Friedländer, Paul1.1.1904 bis 31.12.1905
Pirl, Paul1.1.1906 bis 31.12.1907
Friedländer, Paul1.1.1908 bis 31.12.1908
Sachs, Franz1.1.1909 bis 17.10.1910
Renz, Hermann1.1.1911 bis 31.12.1911
Stenger, Erich1.1.1912


Zweite Schriftführer

Gressel, Theodor29.12.1888 bis 4.11.1889
Laqua, Karl5.11.1889 bis 16.12.1889
Philippi, Arthur17.12.1889 bis 15.12.1890
Lieben, Robert E.16.12.1890 bis 21.12.1891
Augspach, Emil22.12.1891 bis 17.12.1894
Bierbach, Karl18.12.1894 bis 19.12.1898
Weber, Rudolf20.12.1898 bis 31.12.1906
Mannheimer, Karl1.1.1907 bis 31.12.1910
Stenger, Erich1.1.1911 bis 31.12.1911
Baer, Albrecht1.1.1912 bis 1.7.1912
Renz, Hermann2.7.1912 bis 31.12.1912
Krüger, Fritz1.1.1913


Schatzmeister

Lieben, Robert E.16.1.1888 bis 15.12.1890
Püschel, August16.12.1890 bis 18.3.1897
Friedemann, Adolf5.4.1897 bis 7.4.1904
Stötzer, Wilhelm16.5.1904


Bibliothekare

Kalckhoff, Dr. Franz29.12.1888 bis 26.7.1889
Hoffmann, Emil19.8.1889 bis 15.12.1890
Fraenkel, Heinrich16.12.1890 bis 31.12.1901
Gottschalk, Albert1.1.1902 bis 31.12.1902
Friedländer, Paul1.1.1903 bis 31.12.1903
Augspach, Emil1.1.1904 bis 31.12.1906
Pauli, Emil1.1.1907


Beisitzer ohne Stimmrecht

Friederich, Rudolf9.4.1888 bis 28.12.1888
Reeder, Ludwig9.4.1888 bis 28.12.1888
Weckmann, Emil9.4.1888 bis 28.12.1888


Beisitzer mit Stimmrecht

Ohrt, Paul20.12.1898 bis 31.12.1899
Hoffmann, Emil20.12.1898 bis 31.12.1903
Bierbach, Karl20.12.1898 bis 31.12.1905
Mertens, Josef1.1.1900 bis 31.12.1903
Huff, Adalbert1.1.1904 bis 31.12.1907
Himburg-Schricke, Max1.1.1904
Lande, Felix1.1.1906
Kalckhoff, Dr. Franz1.1.1908 bis 2.3.1908
Kosswig, C.M.3.8.1908 bis 31.12.1908
Pirl, Paul1.1.1909


Tausch-Obmänner

Püschel, August16.1.1888 bis 18.3.1897
Friedemann, Adolf5.4.1897 bis 7.4.1904
Stötzer, Wilhelm16.5.1904


(wird fortgesetzt)